Das niedere Bild
 

Eine kleine Buchreihe 


In Gestalt von überschaubaren Einzeldarstellungen werden in der kleinen Buchreihe Das niedere Bild medial vermittelte historische Bilder als Bestandteile verbreiteter Ästhetik betrachtet, von Fotografien (von Personen und Objekten) über verschiedene Bereiche von Reproduktions- und Populärgrafik bis zu Buchillustrationen und Cover-Gestaltungen. Zugrunde liegen immer kleine (und manchmal auch umfangreichere) Sammlungen.

Die Bilder haben zu ihrer Zeit jeweils als Blickfang, Gefühlsanregung, Beeinflussungsmedium und des Öfteren und für viele Menschen als Erinnerungsträger gedient. Auch hier bilden sie einen sinnlichen Ausgangspunkt der Betrachtung und ihnen liegt stets das sammelnde Dokumentieren von Beispielen und Zusammengehörigkeiten zugrunde.

Die gesammelten Beispiele stammen aus der Alltagsbilderwelt des 19. und vor allem des 20. Jahrhunderts. Die Bildergruppen können Erinnerungen wecken, die Phantasie oder auch forschende Neugier anregen und zu näheren Betrachtungen animieren – mal aus subjektiver Sicht oder recht spontan beschrieben, mal aus der Perspektive einer kulturhistorisch ausgerichteten Bildforschung vorgestellt. Ihre dokumentarischen Beschreibungen bilden keine einheitliche Textsorte einer „wissenschaftlichen Schreibe“, sondern sie entspringen einer kulturkundlichen Neugier in Verbindung mit Sammellust und Bildgenuss.

Jedes Bild, ob Zeichnung, Druckgrafik, Fotografie, Postkarte, Heft- und Buchumschlag oder Andenken, besitzt seine eigene Wertigkeit, unabhängig von Qualitätskriterien. Dies schließt durchaus eine Beschreibung als Bestandteil eines Trivialisierungsprozesses ein oder auch eine Einordnung als Vorgang ästhetischer Stufenbildung, nicht unähnlich der Modellvorstellung vom absinkenden Kulturgut oder einem „Trickle-down-Effekt“.

Der Verzicht auf eine ethische, moralische oder erzieherische Bewertung steht (in Verbindung mit der generellen Freude am Bild) in bewusstem Widerspruch zur Meinung der Feuilleton-Kultur, wonach reproduzierte Alltagsbilder oder auch Gebrauchsmalereien jenseits der „Hohen Kunst“ häufig als „schlecht“ bis „kitschig“ oder auch als „Schund“, jedenfalls zumindest als nebensächlich und einer Untersuchung unwürdig angesehen wurden und werden. Sie gelten, seit sich im Verlauf des 18. Jahrhunderts die Vorstellung von hoher und niederer Kunst entwickelt hat in Verbindung mit einer seither postulierten Hierarchie der künstlerischen Medien und Gattungen, gleichsam als „niedere Bilder“.

Das niedere Bild als Reihentitel meint, ein wenig augenzwinkernd die Konnotationen der Niedertracht und Unmoral in Kauf nehmend, unterschiedliche Ausformungen von in verschiedenen historischen Zeiten massenhaft verbreiteten Bildmustern. Gemeinsam mit ihren inhaltlichen, vor allem auch sprachlich-literarischen Kontexten sind diese immer wieder gescholten und als zweitklassige bis schädliche Produkte eines Massengeschmacks verurteilt worden. „Niedere Beweggründe“ entweder von profitorientierten Verlegern, Schriftstellern und Gebrauchskünstlern oder von Meinungsmachern unterschiedlichster Couleur, die einer „wertvollen“ Kunst und Literatur entgegen stehen und sowohl in künstlerischer und literarischer als auch in bildtechnischer Hinsicht „minderwertige“ Produkte vermarkten, wurden und werden an dieser Stelle ins Feld geführt.

Den wesentlichen Kritikpunkt des so gemeinten niederen Bildes bildet sein Anspruch, mit der Hilfe von als schön und wirkungsvoll angesehenen Abbildungen und Bildeindrücken preiswerte bis billige „Kunst für das Volk“ anzubieten, und damit nicht nur, aber auch Unterhaltung und Vergnügung. Als Thema stehen somit die populäre und die populare, also die beliebt-erfolgreiche und die als volkstümlich angesehene und angelegte Ästhetik des vor-digitalen Zeitalters im Mittelpunkt, oder, wenn man so will, der Geschmack oder Stil der sogenannten breiten Masse. Der Geschmack zeigte sich im jeweils zeittypischen Illustrationswesen und wurde von diesem immer mit geprägt, häufig von ambitionierten Gebrauchskünstlern, Grafikern und Buchdesignern, die ein hervorragendes kunsthandwerkliches Geschick besaßen.

Dabei stehen ein angewandtes Bildkunstschaffen, die reproduzierende Kunstpopularisierung und die auf Massenwirkung bedachte Kunsttrivialisierung nebeneinander. Der pejorative Beigeschmack in der Bezeichnung des niederen Bildes wird hier nicht nur bewusst in Kauf genommen, sondern soll stets mit reflektiert werden, durchaus im Sinne einer „Aufhebung normativer Ästhetiken und der Trennung von high und low art“. Im Bestreben, alle Bilder ernst zu nehmen, sie jenseits ihrer rein künstlerischen Qualitätsbeurteilung zu beschreiben und die Relativität ästhetischer Urteile zu hinterfragen, mag Das niedere Bild geradezu zum Programm erklärt werden.


Bilderwelten im Wandel

Umgang mit „alten“ Bildern

Vom Sammeln

Anmerkungen zur Bilderkunde

Zukunftsbilder