Das niedere Bild
 

Gebrauchsgrafik


Glückwunschkarten zur Konfirmation                                  

Glückwunschkarte zur Konfirmation

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts bürgerte sich die Sitte ein, zu immer mehr Gelegenheiten einen Glückwunsch auszusprechen, nicht nur zur Hochzeit, Taufe oder zum Geburtstag, sondern auch zu weiteren, mehr oder weniger festlich begangenen Anlässen wie Jubiläen. Dazu gehörte relativ spät auch die Konfirmation.

Als sich die Konfirmation zu einem neuen Familienfest mit großer, auch öffentlicher Wirkung und einem eigenen kulturellen Kontext entwickelte, wurden zuerst nur mündlich und dann auch handschriftlich Glückwünsche zugesprochen. In sehr kurzer Zeit, geradezu sprunghaft im Verlauf der 1890er Jahre, entdeckte die Luxuspapierindustrie den neuen Brauch, sich schriftlich zu gratulieren, und begann, vorgedruckte Glückwunschkarten zur Konfirmation zu produzieren. Ihre Zahl erreichte in wenigen Jahren außerordentlich große Dimensionen, die von etwa 1900 bis weit in das 20. Jahrhundert hinein anhielten.

Die Vielzahl der Karten machte eine typologische und ikonografische Entwicklung durch, die Kulturstile, Brauchmuster und Wahrnehmungsgewohnheiten der Gesamtgesellschaft wiederspiegelt, zumal rasch auch die Fotografie und mit ihr die Postkarte als Medien hinzutraten. Eine aus mehreren Tausend Exemplaren bestehende Sammlung von Glückwunschkarten zur Konfirmation ermöglicht Blicke auf interessante Tendenzen populärer Bildkultur zwischen Kaiserreich und Bundesrepublik sowie zwischen Kirche und Alltagsleben. 


Seriell handgemalte Postkarten                          

Handgemalte Postkarte

Mit dem Siegeszug der Postkarte in den Jahren um 1900 gingen starke Ausdifferenzierungen hinsichtlich der Motivik und des künstlerischen Anspruchs einher. Zu den zahlreichen Abbildungen einer „schönen“ und gemütvollen Landschaft, aber in wenig origineller Ausgestaltung und vor allem schlechter Druckqualität entwickelte sich eine Gegenbewegung mit dem Ziel, die „Aura“ originaler Kunstwerke zu erhalten.

Es entstand kurz vor 1900 die seriell von Hand gemalte Postkarte, die folgerichtig als etwas höherwertiger angesehen wurde und ein wenig teurer war als die übliche Massenproduktion. Einige große Postkartenverlage versuchten sich in diesem neuen Metier, stellten aber rasch fest, dass es sich um eine zu kleine Nische handelte, um damit großmaßstäblich wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen.

Umso interessanter war die manuelle Fertigung von Postkarten, etwa mit Hilfe von Schablonen für immer gleiche, einfache Sujets, für kleine bis Kleinst-Verlage, die oft im Ein-Personen-Betrieb tätig waren. Einige andere Verlage brachten es zu einer bemerkenswerten Motivvielfalt und Produktionszahl. Sie alle arbeiteten nicht ohne kunsthandwerkliches Geschick, aber doch auch ohne künstlerischen Anspruch, als Laien in serieller Form. So klein das Segment der handgemalten Postkarten in ökonomischer Hinsicht geblieben ist, so vielfältig stellt sich heute die gesamte Produktion anhand einer Sammlung von einigen Tausend Karten aus mehr als 100 Kleinverlagen dar. Wenn es ein treffendes Beispiel gibt für das Phänomen der Massenästhetik unter der Prämisse, originale Kunst sein Eigen zu nennen, dann dürfen die handgemalten Postkarten zwischen etwa 1900 und 1930 als solches gesehen werden. 


Rudolf Schäfer als deutschnationaler Illustrator               

Rudolf Schäfer

Als ein mehr als fünfzig Jahre, zwischen 1912 und 1958 tätiger Kirchenmaler hat Rudolf Schäfer (1878-1961) vielfältige Aufmerksamkeit gefunden. Er galt und sah sich selbst als Maler deutscher christlicher Kunst in der Nachfolge Dürers und schaffte es, sich über alle politischen und gesellschaftlichen Veränderungen hinweg die evangelische Kirche mit ihren vielen Gemeinden als stetige Auftraggeberin zu erhalten.

Neben seinen kunstwissenschaftlich gut dokumentierten Kirchenausmalungen war Schäfer als Grafiker und Illustrator für Massendruckwerke tätig und hat für zahlreiche Verlage ein reiches Werk an volkstümlichen Grafiken geschaffen, die zumeist schlichte glaubensbezogene Bildaussagen in direkter Illustrierung von Bibelworten enthalten und wegen ihrer pathetischen Überhöhungen heute oft als Kirchenkitsch gescholten werden. Schäfer litt trotz seines scheinbar umfangreichen Werkes ständig unter finanziellen Problemen. Als relativ schlecht bezahlter Gebrauchskünstler, der verschiedene religiöse Schein-Formulare gestaltete und bebilderte, passte sich Schäfer in der Weimarer Demokratie, im Nationalsozialismus und in der bundesrepublikanischen Nachkriegszeit oft auf bemerkenswert deutliche Weise den Forderungen und Wünschen seiner Auftraggeber an.

Auf der anderen Seite behielt er seinen konservativen, deutschnationalen Stil auch nach 1945 bei und hat damit in der evangelischen Bilderwelt der Nachkriegszeit zu einer Kontinuität beigetragen, die eine Aufarbeitung der nationalsozialistischen Kunstbeeinflussung weitgehend ausschloss. Anhand einer Sammlung von grafischen Bildern Rudolf Schäfers kann sein Wirken in den „Niederungen“ einer „angewandten“ evangelischen Abbildungs- und Illustrationsgeschichte nachgezeichnet werden.

 

Im Sammlungsstadium:

Christus als bürgerlicher Konfirmator

Christus als bürgerlicher Konfirmator                 





Alfred Mailick als populärer Postkartenillustrator der Kaiserzeit

Alfred Mailick als populärer Postkartenillustrator der Kaiserzeit





Der rote Trecker als integratives Symbol der Landtechnik im Kinderbuch

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